Die Ausdrücke «sozialisieren» oder sogar «resozialisieren» prägen heute viele Fernsehsendungen und durch diese auch Hundehalter, welche die Sendungen regelmässig schauen. Die Vorgehensweisen und Erläuterungen von Hundehaltern und diversen Hundetrainern brachten mich zum Nachdenken. Respektive bin ich überzeugt, dass ein ganzheitlicher Blickwinkel oft fehlt respektive durch das gesellschaftlich geprägte Hundebild getrübt wird.

Nicht selten erlebe ich genau solche Hunde, welche in den erwähnten Fernsehsendungen sozialisiert oder sogar resozialisiert werden. Es sind Hunde, welche mehrheitlich Aggressionen gegenüber Artgenossen, fremden Menschen oder sogar den eigenen Hundebesitzern zeigen. Auch habe ich bereits erlebt, dass zum sozialisieren oder resozialisieren Gewalt (in physischer oder psychischer Form), durch Belohnung oder Bestrafung, angewandt wird. Leider fehlt mir jedoch eines immer, Die Frage: Warum entsteht ein solches Verhalten?

WIE SOZIAL SIND UNSERE HUNDE?

Das gesellschaftlich geprägte Hundebild zählt Hunde, welche immer und allen gegenüber freundlich sind, zur zur Normalität. Dieses Verhalten wird häufig als sozial gedeutet und somit alles andere als asozial. Leider ist dies bei uns Menschen nicht viel anders. Doch freundlich zu allem und jedem zu sein ist alles andere als «normal», denn Sympathien und Antipathien gehören zu jedem Lebewesen. Hunde sind sehr eng mit ihren Familienmitgliedern lebende Lebewesen, und verfügen über einen genetisch verankerten Sozialinstinkt, welcher je nach Veranlagung des Individuums verschieden intensiv ausgeprägt ausfällt, jedoch immer vorhanden ist. Sozial sein heisst jedoch keineswegs, zu jedem oder jeder freundlich zu sein. Vielmehr bedeutet dies, Sozialverhalten dem eigenen Familienverbund gegenüber (Rudel) zeigen. Was das gesellschaftlich geprägte Hundebild vorgibt wäre also sehr atypisch für Hunde. Hunde und Wölfe (dessen Vorfahren) suchen selten Kontakt mit fremden Artgenossen, genau um diese Aggressionen zu verhindern.

WARUM ENTSTEHEN AGGRESSIONEN WELCHE MIT «SOZIALISIEREN» UND «RESOZIALISIEREN» THERAPIERT WERDEN?

Ja genau, weil die Hunde über den erwähnten Sozialinstinkt verfügen! Hier sind wir genau bei der Frage: Warum entsteht ein solches Verhalten? Hunde sind Lebewesen welche eng in eine sozialen Familienverbund leben (mit wenigen Ausnahmen von gewissen Hunderassen). Ein Familienverbund bedeutet, dass jeder seine Rolle innerhalb diesem zugeteilt erhält. Die Rollenverteilung geschieht durch Veranlagung, Kompetenzen und Stärken (Schwächen) des Individuums. Leider erleben Hunde in ihren Familien häufig, dass keiner die Aufgabe eines «Beschützers» übernimmt und sehen sich gezwungen diese an sich zu nehmen. Und hier sind sie, die Aggressionen! Die Aggressionen welche wie erwähnt daraus entstehen, dass der Hund nur versuchen möchte, dass dessen Menschen und natürlich sich selbst nichts passiert – viel sozialer kann doch ein Lebewesen gar nicht sein!?

WIE GEHE ICH IN SOLCHEN FÄLLEN VOR?

Natürlich ist für mich ein ganzheitlicher Blickwinkel ausschlaggebend. Es gibt Hunde, welche traumatische Erlebnisse erfahren haben und durch diese in gewissen Situationen «getriggert» werden. Hier gilt, in kleinen Schritten den Hund zu unterstützen mit diesen umgehen zu lernen. Bezugnehmend auf die erwähnte Rollenverteilung versuche ich mir ein Bild über die Rollen, die Veranlagungen von Mensch und Hund sowie über das Menschenbild des Hundes zu machen. Anschliessend gehe ich individuell an die Arbeit die Rollenverteilung in diversen Formen zu ändern und unterstütze den Menschen dabei, seine Rolle als «Beschützer» einzunehmen. Denn nur so ist es auch nachhaltig möglich, ein entspanntes Zusammenleben für beide zu gestalten. Ein Prozess, welcher sich in jeden Fall lohnt!

Meiner Meinung nach, sollte die Frage «Warum»?» immer gestellt werden, egal um welches Thema es sich handelt. Doch nicht selten wird vor dem beantworten dieser Frage zu Belohnung und Bestrafung gegriffen um den Hund dem Menschen gefügig zu machen und diesen in ein gewünschtes Bild zu pressen – Leider immer zu Lasten des Hundes, solches Vorgehen ist für mich keineswegs mit Tierliebe zu vergleichen!

Also heisst es bei Natürlich-Hund: «artgerechte Hundeerziehung und sinnvolle gemeinsame Aktivitäten, Beziehung fördern und stärken für ein entspanntes Zusammenleben!».